Mittwoch, 9. April 2008

Es läuft rund

Liebe Leute,

gemeinhin kennt man ja den Spruch, dass der Einäugige der König unter den Blinden ist. Aber heute hatte ich lange Zeit Angst schreiben zu müssen, dass der Luchs der Looser unter den Adlern ist, der McLaren-Mercedes der Kann-Nix unter den Ferraris, oder ich der faulste in meinem Team – wie gesagt, nur um ein Haar.

Tatsächlich war heute wieder ein guter Tag für die Bande – mit kleinem Ausreisser. Aber beurteilt die Sache selbst, denn langsam ist es ja vielleicht gar nicht mehr so lustig. Denn jeder Gag verliert seine Würze, wenn er immer und immer wieder erzählt wird. Thomas Simse:

"Hey Mathes,
bin heute Morgen 1:10 Stunden gelaufen, mit 4 mal 3 Minuten Tempo-Intervallen. Schwimmen klappte immer noch nicht. Habe noch keine neue Badehose. Aus beruflicher Sicht hatte es heute wieder nicht geklappt.
Viele liebe Grüße, Thomas"

Keine Badehose – hallo? Der erste April ist längst vorbei. Kann mir keiner erzählen, dass eine nicht mehr ganz so tolle Badehosen einen vom Schwimmen abhält. Da hat sich Thomas wohl den einen Kommentar mit dem Buchvorschlag ein wenig zu ernst genommen.

Tatsächlich habe ich meinen ältesten Freund heute eine Schimpf-Simse geschickt. Denn ich finde es nicht wirklich gut, dass er die Sache so schleifen lässt. Vielleicht denkt er, dass er das Schwimmen im Griff hat, aber ich kann nur aus meiner Erfahrung erzählen, dass ich schon fittere Leute als Thomas gesehen habe, die schon beim Schwimmen so viele Körner verschossen hatten, dass sie ihre Stärken auf dem Rad und beim Laufen hinterher nicht mehr ausspielen konnten. Das ist ein wenig fahrlässig! Und sollte da was schief laufen, wird er sich in einigen Jahren sehr ärgern, dass er diese leichten Übungen nicht für vier Wochen konsequent durchgezogen hat.

Genug geschimpft. Jetzt kommt nur noch Lob. Zum Beispiel für Anna. Sie hat heute ihren langen Lauf mal auf 2:03 Stunden begrenzt, was ich total in Ordnung finde. Aber lest selbst, was sie berichtet:

"Hejhej,
schönstes Wetter, Traumbedingungen.
Weg meinen langen Lauf Kaum verließ ich die Akademie, schoss mir in den Kopf: „Heute werde ich auf dem direktestenabspulen – also sofort nach Hause, umziehen und los.“

Naja, wie soll ich sagen, das hat so direkt nicht wirklich funktioniert. Da hab ich dann noch erst dies gemacht, dann das, dann noch etwas vorbereitet, und dann kam da auch noch wieder diese doofe Müdigkeit, und dann zog es mich doch tatsächlich auch schon wieder ins private Schlaflabor.
Die Tests dort waren nicht zufriedenstellend: zu leichter Schlaf, gepeinigt vom schlechten Gewissen, der Schweinehund trampelte immer wieder übers Kopfkissen, und dann wars so weit: Ich hatte auf dieses Häckmäck einfach keine Lust mehr.

Nun, es war immer noch sonnig draußen, leider war es viel später als angedacht, aber das sollte mich nun auch nicht mehr aufhalten. Ich habe mir vorgenommen an der Elbe Richtung Blankenese zu laufen, nach einer Stunde wieder umzudrehen und dann ganz locker zurück. Locker und gut gefühlt habe ich mich, meine Polar zeigte aber irgendwelche Schrottwerte von nem 150er Puls an. Kann doch gar nicht sein, ich bin doch schon so sportlich. Oder etwa nicht?
Tapps-tapps waren die 2:03 Stunden vorbei, ich war und bin immer noch bester Stimmung, habe knapp 21 Kilometer in den Waden und werde mich nun mit Cola und Pizza laben.

Auf einen neuen Tag, Sonne, Sport, Liebe, und was sonst noch so jeder braucht.
Alles Liebe,
Eure Anna-Sophia"

Die ganze Geschichte habe ich auch erst jetzt erfahren, als ich sie hier rein kopiere. Schlaflabor – wie immer. Die Frau verschläft ihr halbes Leben.
Nun denn, der lange Lauf scheint recht gut gewesen zu sein. Zwar nicht total lang, aber dafür mit einem sehr lockeren Gefühl und gutem Tempo. Spitze.

Somit hat Anna zwei Minuten mehr auf der Uhr, als ich. Und dabei war ich doch auch fleißig. Denn mich holte Martin um 19 Uhr ab. Zusammen liefen, rannten, hetzten wir Richtung Alster, wo Dirk auf uns wartete. Keine Ahnung wie lange wir benötigten, wahrscheinlich waren es gerade mal 22 Minuten oder so, mein Puls schlug auf jeden Fall bis zu 157 mal pro Minuten. Sei’s drum.

An der Alster hätten wir Dirk fast nicht erkannt. Gott sei Dank hatte er die üblichen Klamotten an, denn von der Silhouette her, ist da nichts mehr wie es mal war. Und die Bekleidung kann er bald komplett umtauschen, so schmal ist er geworden. Im Kölner Raum hätte er wohl längst auch diesen Spitznamen weg: "Schmal."
Mit Dirk ging es dann einen Tick gemütlicher weiter, denn während Martin sich nach vorn verabschiedete, machten Dirk und ich bei ruhigem Tempo in Konversation – schön.

Aber der eigentliche Hammer kommt erst jetzt: Als wir zu Dirk stießen, hatte er schon gute 2 Stunden auf der Uhr – der (positiv) Verrückte! Ich hätte ihm ja vor Wochen gesagt, er solle sich mal an die drei Stunden ranpirschen, meinte er auf mein Staunden hin. Und ich dachte "Gut, wenn ich das gesagt habe, dann ist das wohl so."

Martin ist dannn noch einmal, als wir den Leinpfad schon wieder zurück liefen, von hinten auf uns aufgelaufen. Er hatte den Mühlenteich noch mit eingepackt und dürfte somit auf runde 24/25 Kilometer gekommen sein, für die er wohl so um die 2:10 Stunden benötigt hat. So ungefähr zumindest.
Wie gesagt, er lief auf uns auf, quatschte eine kurze Strecke mit uns, und – wumm – weg war er wieder. Es bleibt kein Zweifel: Der Junge ist fit. Seine Eltern können sich schon mal auf einen tollen Lanzarote-Aufenthalt freuen. (Hatte ich schon erwähnt, dass wir uns alle freuen, sie dort kennenzulernen?!! So ist es.)

Dirk und ich sind dann in unserem Tempo weiter, und nach 3:10 Stunden hatte Dirk seine rund 27 Kilometer geschafft. In Worten: Drei-Stunden-und-zehn-Minuten und Siebenundzwanzig Kilometer. Rumms.
Und als ich mich von ihm verabschiedet hatte, und mich noch einmal nach im umdrehte, da ging er auf der anderen Straßenseite, beide Arme vor Freude gen Himmel gereckt. Er hat sich heute selbst ein großes Geschenk gemacht, und er hat sich darüber gefreut, wie der Mann-des-Tages. Zu Recht! Herzlichen Glückwunscht.

Ich bin dann noch allein die letzten 40 Minuten nach Hause, und hatte, bis ich nach 2:01 Stunden vor der Türe stand, einige Zeit nachzudenken.

Oft schreibt Ihr uns ja Kommentare, dass wir schon so viel geschafft haben, also dass die Vier schon so viel geschafft haben. Und manchmal nehmen wir das gar nicht so richtig war, machen halt einfach so unser Ding. Aber wenn wir mal genau nachdenken, dann ist das in der Tat ganz erstaunlich.

Dirk hat tatsächlich vor sechs Monaten zum ersten Mal in seinem Leben ein Paar Laufschuhe gekauft. Und heute ist er über drei Stunden lang gelaufen. Vor einem halben Jahr habe ich mit ihm gemeinsam ein Rennrad gekauft, und während ich mit dem Verkäufer redete, glaubte er, wir würden irgendeine exotische Sprache sprechen. Tatsächlich dreht er heute auf dem Rad Runden von 180 Kilometern und mehr, spricht über Kohlehydratzufuhr und Fettverbrennung, maximale Sauerstoffaufnahme und Laktatwerte.

Anna konnte vor einem halben Jahr nicht einen Meter Kraulen. Über drei Monate hat es gedauert, bis sie den Dreh mit dem Drehen des Kopfes und der seitlichen Atmung raus hatte. Und auch wenn sie die 3800 Meter noch nicht im Kraulstil schafft, die 2000 Meter sind schon gefallen.
Ebenso hat sie es vor dem Start unseres Projektes vielleicht dreimal in ihrem Leben geschafft, ohne Gehpause um die 7,4 Kilometer lange Außenalster zu laufen. Heute läuft sie 2 Stunden, 2,5 Stunden, und wenn es sein muss wohl auch 2:50 Stunden.
Als Fahrrad war ihr bis vergangenes Jahr nur ihr Batavus-Hollandrad bekannt. Heute drischt sie mit einem 28 Schnitt durch die Vierlanden, weiß mittlerweile, dass für sie in den Bergen eine Kompaktkurbel vorteilhaft ist, und das eine STI-Schalthebel nichts mit einer politischen Partei oder einer Einspritzpumpe beim Auto zu tun hat.

Thomas hatte vor sechs Monaten nur ein Problem, nämlich wo er die nächste Zigarette herbekommen konnte. Das ist ihm heute weitestgehend schnuppe. Sein einziges Problem ist jetzt, wie er an eine Badehose ran, oder ins Schwimmbad rein kommt.

Und Martin? Martin war einfach unwissend. Gesegnet mit Talent, hatte er selbst davon keine große Ahnung. Selbst dass ich ihn vor zwei Jahren schon einmal vage darauf hin gewiesen habe, konnte sein Interesse am Ausdauersport nicht richtig wecken. Und ihr hättet mal das Rad sehen sollen, mit dem er immer zur Arbeit geeiert ist. Das wollten nicht mal die kriminellsten Hamburger Elemente entwenden. Und heute frickelt er an dem Pearl rum wie nix gutes, schwimmt so fleißig, dass er sein Surfbrett beim nächsten Trip nach Sri Lanka überhaupt nicht mehr mitzunehmen braucht, und rennt so schnell, dass man sich fragt, warum er sein Eierkisten-Stadtrad überhaupt noch benutzt.

Bleibe ich übrig, der ich mich nach zwei Bandscheiben-OPs und anschließendem angegönntem Faulheitsspeck nun wieder richtig sportlich fühle.

Wir sind tatsächlich ein gutes Stück weit gekommen – und wir kommen noch weiter. Gestern Abend sprach ich mit dem Manager eines sehr erfolgreichen deutschen Ausdauerathleten, der unser Projekt recht wohlwollend, wenn auch sporadisch verfolgt. Er meinte, und wollte mir damit wohl Mut machen, dass es für unser Team eigentlich schon ein Erfolg wäre, wenn Zwei von uns das Ziel erreichen würden. Das er aber natürlich hoffe, dass alle ankämen – logisch.

Ich für meinen Teil glaube fest daran, dass alle Vier am 24. Mai so trainiert sind, dass sie es schaffen können. Vieles kann passieren in einem solchen Rennen, klar, aber wir werden so gut vorbereitet sein, und jeder einzelne wird so sehr wollen, dass wir es schaffen werden – Alle!

Für mich wäre das ein Erfolg. Und daran glaube ich felsenfest!

Pa’a – kämpft für Euer Ziel, bleibt beharrlich!

Von Herzen, Euer mathias

8 Kommentare:

Dirk Kröger hat gesagt…

Freunde,
zu dem schönen Blogeintag von Mathes möchte ich nur einen kleinen Videokommentar abgeben, also seht selbst :
www.youtube.com/watch?v=uVPT3GP1g1U&feature=related
Pa´a
Dirk

Anonym hat gesagt…

...da bekommt man doch sofort wieder eine Gänsehaut!... das war eine ziemlich geile Zeit!... schon beneidenswert, was ihr da momentan gerade erlebt!... ihr werdet es auch ganz bestimmt alle 4 schaffen - zusammen!!!... ganz liebe Grüße + weiterhin viel Spaß, persönliche Erfolge + Glücksgefühle!... *Alex*

Anonym hat gesagt…

Mann oh Mann, ich bin nun auch täglicher Blogleser und das ist tatsächlich der Wahnsinn was Ihr alles in der Zeit erreicht habt!
Ich drücke Euch die Daumen, dass auf Lanzarote ALLE das Ziel glücklich passieren werden, in diesem Sinne HANG LOOSE :-)
Viele Grüsse Andrea

Anonym hat gesagt…

Hallo Matthias,

es ist wirklich der Hammer was ihr so alles reißt. Auch wenn ich mich nicht immer hinreißen lasse, ein Kommentar zu veröffentlichen, so bin ich doch trotzdem ein regelmäßiger Leser.

Gruß Markus

Anonym hat gesagt…

Hallo Steffi,
danke für dein Mitgefühl und dein Verständniss. Mein Trainier hatte nur Mecker für mich übrig! - Aber dafür ist er ja in dem Moment auch Trainer und nicht Freund.
Viele Grüsse
Thomas

Anonym hat gesagt…

Natürlich schafft ihr das Alle! Das Schwimmen einfach ganz entspannt, gut gelaunt und (Anna!) egal in welchem Schwimmstil. (Nicht durch das anfängliche Gewühle verrückt machen lassen.) Die Raddistanz haben auch alle drauf - also einfach nur genießen und nicht den Heißsporn raushängen lassen. Und Laufen... naja, wie Mathias schon sagte wird das kein Zuckerschlecken... aber, selbst wenn es ganz übel läuft - kann man das Ding per PowerWalking durchziehen und finishen.... fragt mich ;-) (...bin schon einmal rund 30km gewalkt) Für mich steht jetzt schon fest das alle die Ziellinie erreichen werden - die Zeit spielt keine Rolle. lg Maik

Anonym hat gesagt…

Aufgeben ist keine Option!
Das Ziel hat 17 Std geöffnet:
2 Std.schwimmen
8 Std radeln
6 Std laufen/gehen
Bleiben noch 1 Std Wechselzeit
Alles worst case.Ich sehe kein Problem.
Gruß Ralf

Steffi hat gesagt…

" Was Ihr alleine nicht schafft.. das schafft Ihr dann zusammen..."

...und Ihr hab wirklich schon ne Menge geschafft.., das es auch bis zu Eurem Ziel reicht..

Supi Dirk...heute passend... (auch bei mir..!!)

nu zu Thomas,
ich hab gerne die Lanze für Dich gebrochen, da ich selbst 10 Jahre auf dem Dorf gewohnt habe und selbst probs hatte.. dort wech zu kommen.. oder ins Bad , oder oder oder... dort gehen die Uhren halt anders als in einer (Gross-) Stadt.
Und das Mathias meckert... ist doch wohl logisch... wenn du kein schwimmen ablieferst ( letzte war am FR., 35 min, nicht viel...), weil er auch weiß was wichtig ist.
Jetzt hoff ich mal... das ich heut Nacht zu lesen bekomme.. das du HEUTE schwimmen warst.. würd ich mich freuen..
In diesem Sinne
und schön weiter machen
Steffi