oh nein, oh nein, oh nein – beinahe wäre ich heute Mann-des-Tages geworden. Aber Martin hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Warum? Nein, nicht weil er unbedingt mehr trainiert hat, sondern weil er mich zu spät informiert hat. Das klingt komisch? Ja, zumindest bis jetzt. Aber alles klärt sich auf.
Es ist schon reichlich spät – schließlich kann ich nicht den sonntäglichen Tatort dem Tippen opfern – aber als ich mich vor meine kleine Maschine setze, bin ich wieder mal so bißchen, also so mini-bißchen enttäuscht. Ach, sagen wir, ich finde es schade. Was? Keinerlei Kommentare. Nicht ein einziger. Nicht ein Satz, kein Wort, nichts.
Ich weiß ja, es ist Wochenende, aber manchmal denke ich, dass da sich da trotzdem irgend jemand für uns interessiert (und das auch zeigt). Aber vielleicht sollte ich auch einfach Wochenende Wochenende sein lassen, und einfach nur trainieren, statt zu schreiben. Wie gesagt, nur ein mini-mini-mini-Anflug von Früstchen.
Dabei gibt es an den Wochenenden eigentlich immer schöne Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel die von unserem Thomas-ich-bin-die-Disziplin-in-Person. Als ich ihn gerade am Telefon hatte, saß er in einem Lokal und schmatzte mir was von "Ich habe heute überhaupt nichts trainiert" in die Ohren. Jetzt muss man ihm zugute halten, dass er dafür sechs Stunden gearbeitet hat. Armer Thomas. Wir wissen aber auch, dass er als Freiberufler, solche Pausen während der Woche wieder aufholt – nur leider in der kommenden Woche bei Regen und Wind, so sagt die Vorhersage.
Gute Nachrichten gibt es von Anna. Sie wollte heute morgen um 7 Uhr aufstehen – neue Zeit! Diese gute Nachricht war für mich indes schlecht, denn ich sollte doch bitte mit ins Schwimmbad kommen. Dabei war ich so müde.
Nun ja, will ich nun bei dem Vorhaben helfen oder nicht. Also schlaftrunken zur Zahnbürste getorkelt, ganz vorsichtig erst das rechte Bein in die Jeans, dann das Linke – dann wieder alles retour, denn das rechte Bein gehört natürlich auch in das rechte Hosenbein! T-Shirt, Socken, Schuhe, Pullover und Mantel schaffte ich problemlos – und den Wagen hat Gott sei Dank Anna gesteuert.
Entgegen meiner Ansicht, dass man zuerst an der Technik feilen muss (siehe die Aufforderung an Thomas, Martin und Dirk) wünschte ich mir von Anna heute 1000 Meter Kraul-Stil am Stück. Zuerst guckte sie mich ungläubig an, aber irgendwie, das sah sie ein, müssen wir ja auch mal an der Streckenlänge arbeiten und eventuelle Ängste davor abbauen.
Die 1000 Meter hat sie auf jeden Fall geschafft – langsam aber sicher. Wobei langsam jetzt auch relativ ist. Tatsächlich war sie keine halbe Stunde unterwegs.
Anschließend musste ich aber doch noch einmal ihre Technik in der Unterwasser-Perspektive betrachten, und da sah ich doch relativ erschreckendes. Der rechte Arm kommt ungefähr kurz hinter Brusthöhe schon aus dem Wasser. Soll heißen, da wo es richtig interessant wird, da hört bricht sie den Zug (besser in die Phase Druck) ab.
Jetzt ist es aber nicht so, dass sie keine Vorstellung von der korrekten Ausführung hat, vielmehr sagt sie, dass ihre Schulter wieder zu schmerzen beginnt, wenn sie das volle Programm abspielt. Scotti, wir haben also wieder einmal ein Problem.
Im Anschluss an unsere Technikanalyse wollte sie dann auch gleich aus dem Wasser, und guckte mich einigermaßen erschreckt an, als ich sie bat noch 500 Meter, abwechselnd im Kraul- und Brust-Stil zu schwimmen. Wie gesagt, so langsam müssen wir uns einfach der Streckenlänge annähern. 1500 Meter konnte sich Anna also heute in Trainingsbuch einschreiben, bevor auch sie zu einem Job musste. (Doof, hätte man mehr Kohle, könnte man doch einige Zeit mehr trainieren – aber dieses Problem haben bestimmt noch viele Andere auf der Welt).
Gegen Mittag erreichte mich dann ein Anruf von Martin. Er wolle heute bei diesem wahnsinnig schönen Wetter unbedingt Rad fahren, und unbedingt sollten hinterher 100 Kilometer auf dem Tacho stehen. "Warum eigentlich nicht?!", dachte ich, und sagte zu.
Dumm nur, dass meinem Giant-TCR ("Matse III") nach meiner Hyper-Putz-Aktion immer noch die Kette fehlt. Was blieb mir also anderes übrig als zu "Matse I") zu greifen, jenem 17 Jahre alten Enik-Iseran, mit Rahmenschaltung, 7-fach-Ritzel und übergroßem 61er Rahmen. Also Luft rein, Pedale montiert, den Sattel wieder runter geschraubt (ich hatte dieses antike Gerät ja zwischendurch Martin geliehen, der mit 96 Zentimeter Beinlänge 7 Zentimeter mehr zu bieten hat als ich), und los gings.
Schon komisch, so dünne Bremsen in der Hand zu halten. Aber es sind halt nur Bremshebel an dem guten alten Gerät, keine Schalt-Bremshebel. Martin stand pünktlich an unserem Treffpunkt in der Hafencity. Schnell noch das Stutenbrot verstaut, welches Martin für mich fast liebevoll zubereitet hat, und weiter rollten die Renner Richtung Süden.
Aber oje, fast den gesamten Deich runter hatten wir Gegenwind. Wir trösteten uns damit, dass diese Verhältnisse unheimlich schulen und traten fleißig in die Kurbeln. Und das Wetter war echt der Wahnsinn. Handschuhe? Überflüssig. Auch mal schön.
Wir hatten richtig Spaß, wenn uns auch zwischendurch eine Gruppe von vier Fahrern (ich nenne nicht den Namen der Uni, deren Sportgruppe sie vertraten) etwas doofe kam, weil sie anscheinend meinten, dass sie ach so gut seien, und somit weder beim Überholen grüßen müssten, um anschließend auch noch durch freihändiges Fahren und Rumzippeln am Trikot, Beinlingen, Armlingen (Gott sei Dank hatte der Typ kein Puzzle dabei, das wäre was geworden), zu zeigen, dass sie die tollsten sind.
Nun, vielleicht fühlten sie sich ja auch durch die Anwesenheit meines Super-Renners gestört – ich weiß es nicht. Wenn wir jemanden überholen, grüßen wir jedenfalls immer. Ist doch schön, wenn man Gleichgesinnte trifft, oder?! Der Clou, wir sind anscheinend nicht alle gleichgesinnte, bloß weil wir einem (nein nicht gemeinsamen, sondern) ähnlichem Hobby nachgehen.
Jutchen, nach rund 100 Kilometern sind Martin und ich dann in einen kleinen Laden eingekehrt, wo es leckere Schwarzwälderkirschtorte und heißen Kakao oder kalte Cola gibt. Lecker! Das war der krönende Fast-Abschluss einer tollen Tour.
Als wir das Lokal verließen fuhren uns dann, genau vor der Tür, fast Dirk und Dirk (den kennt Ihr doch mittlerweile; er wird auch Dörk oder Herr Hildesheim genannt, und war mit Dirk im Dezember eine Woche auf Lanzarote) über den Haufen. "Wir waren nur zum Pinkeln da drin", sagte ich. Aber ihr Lächeln verriet, dass sie mir nicht so ganz glaubten. Sei’s drum.
Die Jungs wollten ein lockeres 2-Stunden-Ründchen drehen, was sie wohl auch gemacht haben. Wir sind nur noch die letzten 10 Kilometer locker nach Hause gerollt und das war’s.
Anna war, als ich nach Hause kam, auch gerade wieder eingetroffen. Und da ihr Rad noch bei den Finishern in Rendsburg im Service ist, wollte sie noch eine Runde laufen.
Fast wäre ich noch mal mitgelaufen, und hätte mir so sicher (ich war ja morgens auch 1000 Meter geschwommen) den Mann-des-Tages geholt. Aber ich hatte mich soeben unter die Bettdecke verflüchtigt, und so ließ ich Anna alleine ziehen. 110 Kilometer Rad fahren sollten ja eigentlich auch reichen.
Und hier schließt sich der Kreis: Ich war gerade eingenickt, da werde ich vomVibrieren meines Handys auf dem Nachttisch geweckt, welches eine SMS ankündigte:
"Hi Mathes!
Maria hat mich gerade noch zu einem ruhigen und schönen Alter-Jogg animiert. Waren easy 50 Minuten in der Abendsonne. Jetzt kann ich doch auf 15:30 Stunden in mein Trainingsbuch der vergangenen Woche verbuchen.
War ne tolle Ausfahrt heute! Aloha, Martin"
Oh nein, oh nein, oh nein – das darf doch nicht wahr sein. Hätte er mir die SMS doch vor seinem Lauf geschickt, dann wäre ich mit Anna gelaufen, und hätte locker den Mann-des-Tages bekommen! Mist. Nun, so bekommt ihn halt niemand heute. Nix da.
Anna ist übrigens 45 Minuten gelaufen. Das übrigens ihr schon der fünfte Tag hintereinander, an dem sie gelaufen ist. Es wird Zeit, dass wir ihr "Pico Cupetti" wieder bekommen. Ja richtig, ihr Rad. Sie hat es nach dem Berg benannt, dessen 827 Meter hohe Passstraße sie im Trainingslager dreimal erklommen hatte.
Also, bei uns alles palletti. Wie sieht es bei Euch aus? Herzlich willkommen zurück an den Rechnern – wie war Euer Wochenende?!
Herzlichst, Euer mathias
So endet mein Tag heute – Schreiben und Bierchen