oh wie sehr mich das freut. Nein, nicht dass Ihr alle, beziehungsweise viele von Euch ähnlich doofe Erfahrungen mach/t/en wie ich, sondern, dass Ihr Euch so rege gemeldet habt. Das war, vor allem in der Länge und Breite der Ausführungen, ja schon fast rekordverdächtig. Prima, dass zeigt mir wiederum, dass ich hier nicht für umsonst schreibe.
Gut, gehen wir ein wenig ins Detail, ohne das alte Thema wieder zum Hauptthema zu machen.
Als erstes möchte ich mich hier ganz herzlich bei Matthias bedanken, der sich ganz herzlich bei uns bedankt hat. Meine Gedanken dazu: Wenn es uns wirklich gelungen ist, ihn nach 26 Jahren vom Glimmstengel weg zu bringen und zum Sporteln hin, dann macht mich (und die anderen Vier des Lanzarote-Projekts) das sehr sehr stolz. Also jetzt, Matthias, dran bleiben. Wir wollen in unregelmäßigen Abständen Erfolgsmeldungen hören.
Dann zum Thema Rowdys jedweder Art: Also Maik, mensch so kenne ich Dich ja gar nicht. Da waren aber manche harsche Worte in Deinem Kommentar. Aber warum nicht mal schreiben, was man eh denkt.
Um die Sache abzukürzen: Ich polarisiere eigentlich nie in Dinge wie "Drecksschleuder-Fahrer", denn ich fahre ja auch Auto, oder sonst was. Der springende Punkt ist doch, und das Flo aus Bayern ganz richtig erwähnt, dass viele Autofahrer einfach so daneben liegen, weil ihnen die andere Perspektive fehlt. Denn wie Flo, so finden wir uns bestimmt auch manchmal in der Lage, einen Radfahrer noch eben vor einer Kuppe überholen zu wollen. Oder wir müssen abbremsen, weil mal wieder zwei nebeneinander fahren. Aber weil wir eben auch den anderen Blickwinkel haben, reagieren wir anders.
So wie ich mal von einer Reitersfreundin gelernt habe, dass sich die Tiere eben auch erschrecken, wenn man zu schnell oder zu überraschend und eng an ihnen vorbeifährt – Autos wie Radler. Seit ich das weiß, kündige ich mein Erscheinen an (wie auch immer) und fahre gemäßigt vorbei.
Also vielleicht liegt die Lösung darin, dass man vielleicht doch jedem Bürger eine Art Verkehrserziehung zukommen lassen müsste, so dass er weiß, wie sich die Dinge aus verschiedenen Perspektiven anfühlen.
Wie auch immer, wir werden weiterhin mit derlei Situationen konfrontiert werden. Ist ja auch spannend – ein bißchen.
Spannend finde ich das Thema "Grüßen". Florians Beobachtungen sind natürlich goldrichtig. Woran liegt es? Nun, erstmal wird einfach weniger gegrüßt, wo mehr Menschen unterwegs sind. Klar. Sind zu viele unterwegs, entscheiden sich manche Sportler, nur noch selektiv zu grüßen. Dann grüßen Rennradfahrer eben nur noch Rennradfahrer, aber eben nicht diejenigen, die einen Triathlonaufsatz montiert haben. Triathleten verhalten sich im übrigen reziprok.
Nun kommt jedoch immer mehr folgende Entwicklung in Schwung: Auch Triathleten grüßen sich nicht mehr untereinander. Hm. Das liegt meiner Meinung einfach daran, dass sich jeder für den Besten hält. Das verhält sich wie mit dem jungen Mann, den ich mal bei Norman in der Lauflunge traf, und dem ich mein Buch mit einem Flyer vorstellen wollte. "Tss", sagte er verächtlich. Was das denn solle, 17 Stunden zum Ruhm, das sei ja nicht gut, er würde den Ironman doch locker in 13 Stunden schaffen.
Das ist schon die ganze Geschichte. Ich habe ihm nicht erzählt, dass ich das in neuneinhalb Stunden gemacht habe, denn auch das ist ja nicht wirklich gut. Aber was ist gut? Neun Stunden? Achtfünfundvierzig? Oder doch nur die acht Stunden eines McCormack, Leder, oder sonst wem? Ihr merkt es schon. Es ist schlicht eine Frage des Respekts. Jeder, der Sport macht, auch die übergewichtige 55-jährige Nachbarin in Ballonseide, kämpft für ein, für sein Ziel. Und das ist aller Ehren wert. Grüßen ist eine Form des Erweisens von Respekt.
Und so gibt es keinen Grund, jemanden nicht zu grüßen, weil er nicht wie man selbst auf einem Carbon-Rad sitzt, oder nicht die stylischste Radklamotte trägt.
Auf der anderen Seite gibt es natürlich wirklich die Tatsache der vielen Leute auf dem Deich oder sonst wo. Gut, dann grüßt man eben nicht jeden der entgegen kommt. Zumindest aber sollte man diejenigen grüßen, die man überholt. Das ist einfach eine nette Geste. Und nur weil man selbst gerade schneller ist, heißt es ja nicht, dass man besser (auf jede Art) ist.
Es gab schon oft Leute, die mich überholt haben, und dann noch nicht mal was gesagt haben, wenn ich als Langsamerer grüßte. Meist endet ein solches Treffen (zumindest mit mir) in einem schrecklichen Speed-Gemetzel, an dessen Ende ich oft irgendwie beschimpft werde, weil es den Leuten peinlich ist, dass der Alu-Rahmen-Rutscher nun doch schneller war. Naja, so oder so ähnlich.
Apropos Streit, da fällt mir noch Jana ein, die beim Joggen von einem Radler verfolgt wurde. Achtung, hier kommt ein ehrlich gemeinter Rat. Zumindest als Frau (und für Männer finde ich es auch keine schlechte Maßnahme, je nachdem wo man joggt) würde ich darüber nachdenken, mit einem Pfefferspray, gehalten durch ein Gummi am Unterarm, zu laufen. Man weiß heutzutage nie, wer sich wo rumtreibt. Dies soll kein Bangemachen sein, aber drüber nachdenken kann man ja mal.
Und hier noch an Silvio (den ich übrigens bei meiner Hawaii-Recherchereise 2006 kennen gelernt habe, weil er im Rennen startete): Nur Mut, Du bist nicht der Erste, der seine E-Mail-Adresse hier veröffentlicht. Stalker sind, meines Wissens, in diesem Blog nicht zugegen. Aber hey, vielleicht sehen wir uns ja alle beim Hückeswagener Triathlon am 16. August.
Zum Aktuellen:
Ich liebe diesen Sommer. Also zumindest die schönen Tage. Logisch. Am Dienstag habe ich mich nach dem Büro direkt mit Martin aufs Rad geschwungen, und los ging’s zum Kreisel. Mit dabei hatten wir meinen lieben Kollegen Ben Andersch, der vor vier/fünf Monaten auch eine Bandscheiben-OP hinter sich gebracht hatte und nun, ganz vorsichtig wieder anfangen möchte mit dem Radeln.
Gut, mit Martin trainieren und gleichzeitig vorsichtig anfangen – vielleicht etwas optimistisch. Dennoch, um halb sieben abends ging es zu dritt los. Martin selbst freute sich übrigens auf eine lockere Runde, weil er am Abend vorher einen langen Lauf hingelegt hatte.
Ben stellte die Ausfahrt unter das Motto: Eight times Iron and one Jellyfish. Nun ja, Humor hat er.
Das Lachen verging ihm jedoch leider bald, weil Martin permanent mit 34 Sachen den Deich runter rutschte. Bei leichtem Gegenwind, wohl gemerkt. Mensch, ich weiß nicht wie oft das schon so gelaufen ist, wie oft Martin schon die Gruppe in den Dutt gefahren hat. Als er sich fünf Kilometer hinter Zollenspieker umdrehte war er jedenfalls total verdattert, dass Ben nicht mehr dran war.
"Wo ist Ben?", fragte er.
"Weg!", meine Antwort.
"Er war doch eben noch da."
"Nö, der ist schon seit zehn Minuten nicht mehr da!"
Was soll ich sagen, ich habe mit ihm geschimpft. Warum ich nicht vorher was gesagt habe? Weil ich das schon tausendmal gemacht habe, und dieses Mal wollte ich ihm die ganze Ladung des schlechten Gewissens überlassen. Er hat sich dann auch beeindruckt gezeigt, und wir haben auf Ben gewartet. Aber ich habe die Befürchtung, dass Martin das bis zum nächsten Mal wieder vergessen hat.
Die Runde war auf jeden Fall echt gut. Ben fuhr am Kreisel geradeaus, musste weiter nach Ahrensburg und schaffte an diesem Abend, bei seiner fünften Ausfahrt post-OP, knapp 80 Kilometer bis nach Hause. Glückwunsch. So kann es weitergehen.
Martin und ich waren nach 75 Kilometern in knapp 2:30 Stunden mit einem 30er Schnitt wieder zu Hause.
Mittwoch Abend war dann Ruhe. Ich hatte einfach überhaupt keine Lust und habe stattdessen mit meinem Patenkind, Trompeten-Mathias, einen Schlafzimmerschrank in seiner neuen Butze fertig gestellt.
Aber heute Abend – klar, sonst hätte ich ja nichts zu schreiben gehabt – musste, nein, wollte ich wieder ran. Bei dieser Hitze liebe ich es Rad zu fahren. Und seit ich den Clip wieder drauf habe, macht mir alles doppelt Spaß. Das war dann so eine geile, tschuldigung, schöne Ausfahrt. Ach ich liebe es. "Ich liebe dieses Leben", habe ich dann auch die ganze Zeit vor mich hingeträllert. Und nach 65 Kilometern war ich immer noch mit nem 32,5er unterwegs.
Und dann wiederum, am kleinen Deich traf ich Norman. Sehr gut. Er fuhr gerade ruhig, und so lief auch ich nicht Gefahr, krampfhaft schnell nach Hause zu fahren. Dann doch lieber ein paar Gespräche unter Kumpels.
Wusch!!!!!, kam ein Typ auf einem Cervelo-P3, tief über den Aerolenker gebeugt an uns vorbei. Ohne zu grüßen, versteht sich. Wie sollte er auch. So sehr wie er versuchte Norman und mich mit Speed zu beeindrucken, wäre er wahrscheinlich auf den Asphalt geknallt, wenn er versucht hätte, sich der Doppelbelastung Anschlag-Atmung und Sprechen, zu stellen.
Ich bin mir nicht sicher. Aber ich glaube fast, dass derjenige, der auf dem so genannten Kleinen Deich Vollgas fährt (wohl gemerkt auf dem Weg zurück, wieder rein in die Stadt und somit nach Hause) irgendwo in den Stunden zuvor auf dem Großen Deich, nicht vernünftig trainiert hat. Aber wer weiß es. Aber lassen wir unseren Gedanken, im Stil der letzten Maikschen Mail, kurz freien Lauf, während wir an den Typ denken: "Angeber!"
Jutchen, es ist nach Zwölf und mir fallen gleich die Augen zu. Ich werde in dieser Nacht hoffentlich von meinem heutigen Training träumen. Denn ich hatte tatsächlich in manchen Augenblicken, wenn ich auf meinen roten Punkt schaute, der immer noch auf dem Vorbau klebt, den Eindruck, dass ich recht stark bin.
Da war zumindest niemand auf dem Deich, der mich hätte überholen können, als ich den Kopf unten hatte. Na, sagen wir, ich habe niemanden gesehen. Und dann war ja auch noch diese eine Radgruppe, der ich aus dem Weg gegangen bin, als ich mich ins Innere der Vierlanden verdrückte. Aber wen interessiert das. Ich war gut heute. Doch. Bestimmt.
Gut, ja, vielleicht rede ich mir das ja auch nur ein. Aber das muss manchmal auch sein.
Oder wie sagt mein Lieblingsautor Philippe Djian in seinem Buch "Rückgrat": "Aber wie soll man auch klarkommen, wenn man sich nicht von Zeit zu Zeit für unschlagbar hält, wie die Hoffnung nicht ganz fahren lassen, wenn man nichts Heiliges in sich hat, wenn man nicht gelegentlich in seinem Innersten den Hauch einer göttlichen Essenz wahrnimmt...?"
In diesem Sinne, herzlichst, Euer mathias